Schiffsgeschichten Teil 1

Reise, Reise…

Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt die ist schön… Ein bekanntes Volkslied. Ihr kennt doch alle die Serie Traumschiff, oder? Mit Sascha Hehn, Klaus-Jürgen, Siegfried Rauch und so weiter. Ihr kennt auch die Serie „Lust auf Meer“? Ich muss immer ein wenig lächeln und aufpassen, wie weich gespült doch die Zuschauer werden. Beim Traumschiff kann ich das noch verstehen, da ist dann tatsächlich eine Story und ein Drehbuch im Hintergrund. Von Dreharbeiten beim Traumschiff später mehr. Aber die „Reportage“ „Lust auf Meer als Reality-TV zu verkaufen ist schon eine Wucht. OK, An-und Ablegemanöver sieht man mindestens dreimal pro Folge. Der Kapitän wird hochgelobt für seine tolle Arbeit an der Außennock. Der Küchenpraktikant hat kein Freigang bekommen? Ach herrje, der arme Mann. Bisschen was für´s Herzchen. Die Kabinen-Stewardess kann Tiere aus Handtüchern gestalten? Ein echter Hit. Ich will die Leistung derer, die auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten, in keinster Weise abwerten, ganz im Gegenteil.
Ich bin selber 15 Jahre zur See gefahren und ich habe das Leben dort kennengelernt. Auf kleinen exklusiven Kreuzern, bis 140 Gästen, und auf großen Pötten ab 2400 Gästen… aufwärts. Wer glaubt, dass das Leben an Bord auch nur ansatzweise etwas mit Seefahrerromantik zu tun hat, irrt. Mal abgesehen davon, dass es natürlich die unsichtbaren Geister gibt, die unermüdlich Messingknöpfe polieren, Kotze wegwischen, sämtliche Spiegel putzen, Glas streifenfrei säubern und sich um die anfallenden Müllberge und Essensreste kümmern, sich um mit Tampons verstopfte Toilettenrohre kümmern, das Deck schrubben, die Außenfarbe des Schiffes erneuern, Berge von Handtüchern, Bettwäsche, Waschlappen, Uniformen und Tischwäsche reinigen und so vieles mehr, sieht man als Gast nur fröhliche Mitarbeiter, Offiziere und Künstler, welche stets um das Wohl der Gäste bemüht sind. Dazu die ständige Berieselung durch die Lautsprecher mit Musik von James Last und Captain Cook und seine singenden Saxophone. Beim Ein- und Auslaufen des Schiffes in einen Hafen hat fast jeder Dampfer seine eigene „Erkennungsmelodie, von „Biscaya“ bis „Sail away“.

Ich will Euch in dieser Reihe: Reise, Reise… Schiffsgeschichten erzählen, wie es wirklich ist. Ich werde keinen Seemannsgarn erzählen, die Sache nicht romantisieren und Euch erzählen, dass es durchaus auch sehr schöne Seiten im Bordleben gibt.

Nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte und mit dem Flieger über Miami nach  Cancun, Mexiko gereist bin, mit etwa 30 anderen Crewmitgliedern, stellten wir mit Erstaunen fest, dass wir nicht wie üblich von einem Shipsagent erwartet wurden, welcher uns zum Schiff transportieren sollte. Der Agent wusste, dass das Schiff nämlich noch gar nicht in Cancun war, sondern in New Orleans, USA lag und hatte mit unserer Ankunft nicht gerechnet. Die durften aufgrund von Sturm und Hurrikanwarnung den Hafen bis auf Weiteres nicht verlassen. Die Firma wurde informiert und unser Captain, der auch in unserer Gruppe war regelte alles Weitere. Wir wurden vor die Wahl gestellt. Entweder wir reisten wieder nach Hause und hätten zwei Wochen dort verbracht oder wir blieben in Cancun bei Vollverpflegung, komplette Heuer, plus Taschengeld, sämtliche Ausflüge und eine Entschädigung dafür, dass unsere wertvolle Zeit in Anspruch genommen wurde. Ihr könnt Euch vorstellen was wir ausnahmslos alle gewählt haben. Wir blieben fast zwei Wochen im Hotel mit allen Annehmlichkeiten die es bot. Es war eine tolle Zeit. Dann hieß es „aufsteigen“. Gepäck wurde durchleuchtet und durchsucht. Drogen und Waffen aller Art sind strengstens verboten. Gestern wie heute. Dann zum Purser (Personalbüro auf dem Schiff. Purser ist die Berufsbezeichnung für dortige Mitarbeiter.) Reisepass abgeben, Vertrag zeigen und eine Crewnumber zugewiesen bekommen. Jedes Crewmitglied hat so eine, es ist nicht nur eine Personalnummer, sondern gleichzeitig eine Sicherheitszuweisungsnummer, welche ebenfalls auf der Musterrolle verzeichnet ist. Auf der Musterrolle stehen alle Nummern die mit ganz bestimmten Sicherheitsaufgaben im Falle eines Alarmes verknüpft sind. Davon aber später noch.
Dann bekam ich den Schlüssel zur Kabine. Deck 4, Wasserlinie. Soll heißen, wenn wir Wasser und Himmel im Wechsel durch das Bullauge sahen, dann war es ein wenig stürmisch draußen. Hat man keinen Streifen als Offizier auf der Schulter, wurde man zu zweit in einer Kabine untergebracht. Klamotten auf die Koje geschmissen und ab zur Sicherheitseinweisung. Bordsprache war und ist in der Regel  Englisch. Dann Enviromenteinweisung. Der Umwelt zuliebe. Dann Generalalarmübung für alle, Gäste und Crew. 7 mal kurz, 1 mal lang. Mit Rettungsweste und Mütze. Dann Vorstellung im Restaurant. Als Neuer stellt man sich vor und wartet bis Dich einer anspricht. Danach Tische eindecken. Für ein 5 Sterne Schiff ist das nicht so einfach, wie sich das einer vorstellen kann. Exakt und akkurat. Wenn dem Maitre das nicht gefiel, oder aus Menschenhass, zog dieser mit einem Ruck an der Tischdecke und man konnte von vorn anfangen. Was. nicht. schön. war. Aber ich lernte schnell und die Monate vergingen im Flug. 6 Monate plus Verlängerung, je nachdem. Verlängerung bedeutete maximal 1 Monat, dann konnte man nach Hause fliegen.
Übrigens, es gibt ja Menschen, denen der Seegang schwer zu schaffen macht. Ich gehörte und gehöre nicht dazu. Lebt man aber 6 bis 7 Monate auf dem Wasser, arbeitet und schläft mit dem Schaukeln des Schiffes passiert Folgendes: Setzt man die Füße wieder für längere Zeit auf festen Boden wird man…. landkrank. Man geht wie auf Eiern, breitbeinig wie auf dem Schiff. Und ich kotzte mir die Seele aus dem Leib. Es dauert eine Weile bis man sich daran gewöhnt hat.

Fortsetzung folgt….

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