Unterwegs

Kinderheim, (k)ein Alptraum… Teil 2 by @freric1973

Kinderheim, (k)ein Alptraum… Teil 2 by @freric1973

Eine Gruppe Jungen zu hüten, die auch noch verschieden alt sind, von 9 bis 16 oder 17, ist beileibe kein einfaches Unterfangen. Bei "normalen" Kindern schon eine Herausforderung. Bei uns waren Kinder, die dazu noch sozialgestört und teilweise traumatisiert waren, ihre eigenen Macken und Ticks hatten und jeder von ihnen mit einer Vorgeschichte, die jedem empathiebegabten Menschen das Herz zerreißen würde. Wer glaubt, Kinder in Kinderheimen stammen nur von Sozialhilfeempfängern (Hartz4) ab, irrt gewaltig. Wir hatten Kinder deren Eltern Rechtsanwälte, Trucker, Bergwerksarbeiter, Ärzte, ja sogar ein Psychologieprofessor war dabei, Sexworker, Straßenkehrer, Politiker usw. waren. Die kompletten Sozialschichten rauf und runter. Und trotzdem mussten wir uns zusammenreißen und nicht jedem der Neuen gleich erstmal die Fresse polieren, nur weil er neu war. Nein, in dieser Gruppe ging es eigentlich sehr human zu. Der Ton war rau, meistens jedoch ehrlich. Das sah in anderen Gruppen des Kinderheimes anders aus. Uns wurde als Mitglieder einer Außengruppe ohnehin unterstellt, dass wir meinten wir wären etwas Besonderes. Denn dort sein zu dürfen galt als Privileg. War es auch, aber wir durften das nie zugeben. Sonst gab es Dresche vom Feinsten wenn wir das Gelände des Heimes betraten. Der jüngste Bub, den wir hatten war 5 Jahre alt und wurde uns von seine Mutter vor die Tür gesetzt. Sie fuhr davon und der kleine Bub saß von Gott und der Welt verlassen auf unserer Eingangstreppe. Ich könnte heute noch heulen wenn ich daran denke. Er wuchs in unserer Gruppe auf und hatte es 1000 Mal besser als zu Hause. Wenn ihm auch seine Mama sehr fehlte und er sie lange Zeit nicht besuchen durfte. Wir konnten nicht ahnen, dass er sich 3 Tage, nachdem er mit 17 Jahren entlassen wurde, das Leben nahm. Ja, das Leben ist manchmal so richtig Scheiße. Trotzdem gab es eine Menge Jungs, die nach der Schule eine Lehre machten, Arbeit hatten, eine Familie gründeten und es besser machten als ihre vermeintlichen Vorbilder, ihre Eltern - sofern überhaupt vorhanden. 
Natürlich gab es auch viel Zeit der Freude und Lebenslust. Freizeitaktivitäten wie Zelten gehen, Lagerfeuer machen,  Reiten, Tennis, Fußball, Baseball, durch die Wälder streifen, rodeln.... es war so viel möglich, neben Schule, Hausaufgaben, Hausarbeiten uuuuuuuunnnnnd in die Kirche gehen müssen. Ich sage bewusst müssen, denn das Heim wurde von katholischen Nonnen geführt und da war es Pflicht 1 Mal die Woche in die Kirche zu gehen. Für mich kein Problem, sollte ich doch später eh im Kloster landen. Dies aber freiwillig. Damals gab es bei den Jungs, die die hl. Messe als reine Zeitverschwendung ansahen, den Spruch:

"Mit der Knarre vor der Fresse, geht ein jeder gern zur Messe..."

Wenn es wieder Eintopf gab, in Heimkreisen "Rumfort" (alles was RUMliegt muss FORT) beteten wir unser Tischgebet:

"Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und siehe was Du uns bescheret hast! Amen"

Das Essen war nahrhaft. Das war es aber auch schon. Später wurde eine Heimkommission, den Heimrat gegründet. Jede Gruppe wählte einen Gruppensprecher der die Gruppe im Rat vertrat. Der Rat wiederum wählte einen Heimratsprecher und wer diesen Posten inne hatte war heilig und Tabu. Dieser hatte mehr Einfluss auf die Jungs als der strengste Erzieher dort. Wenn der sagte: "Spring!" dann wurde höchstens noch gefragt: "Wie oft und wie hoch?" und dann ging es los. Meistens war er jedoch Streitschlichter, aber auch Richter. Somit teilweise effektiver als so manche Erziehungsansatz diverser Erzieherpraktikanten und Hospitanten, sowie andere Sozialpädagogen.... Nach der Gründung des Heimrates wurde allmählich übrigens auch das Essen wesentlich besser und hatte sogar Geschmack. 

Eines noch zum Schluss dieser Episode: Ein Erzieher, eine Erzieherin -und sei sie/er noch so nett und einfühlsam- wird niemals Papa oder Mama für ein Kind sein können oder dürfen. Doch dieses Thema ist für den nächsten Beitrag gedacht.

 

In diesem Sinne

 

Freric

 

Kommentare sind erwünscht. Ausdrücklich. Und Fragen sind immer willkommen.

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Kinderheim, (k)ein Alptraum…. Teil 1 by @freric1973

Kinderheim, (k)ein Alptraum…. Teil 1 by @freric1973

Kinderheim… Teil 1

Das hört sich erst einmal ziemlich brutal an. Wenn ich manchmal überlastete Eltern sagen höre:“ Benimm Dich und sei ruhig, sonst stecke ich Dich ins Heim, möchtest Du das?“ impliziert bei mir diese „Drohung“ zumindest, dass man dem Kind schon ein paar Horrorstories erzählt hat und droht außerdem mit Liebesentzug – da die Eltern ja nicht ins Heim sollen, sondern der ungezogene Nachwuchs. Für ein Kind ist die Vorstellung alleine schon ziemlich erschreckend und brutal, ja einschüchternd. Ich hätte nie geglaubt, dass meine Eltern diesen Schritt gehen würden, dabei sei gesagt, dass meine Mutter mit 4 Kindern, davon ein adoptiertes (ich) ziemlich überfordert war. Vielleicht erzähle ich an anderer Stelle wie es mir dort erging. Soviel sei gesagt: Es ging mir nicht gut dort. Mein Vater packte mich ins Auto und ab ging die Luzzie. Ich landete in einem Heim für „schwer erziehbare Knaben“. Ein von Nonnen geführtes, mit Zivilpersonal aufgefülltes Kinderheim unter der Trägerschaft des Landschaftsverbandes Rheinland und der Caritas. Nun darf ich freudigerweise berichten, dass ich nicht auf dem riesengroßen Gelände des eigentlichen Heimes mit 14 Gruppen á 12 Jungen untergebracht wurde. Ich wurde einer Außenwohngruppe zugeteilt in welcher lediglich 6 Jungs untergebracht waren. Es war ein Haus in dessen Anbau die Besitzerin und gleichzeitig die Gruppenleiterin mit ihrem Sohn wohnte. Der Rest des Hauses war für uns. Ich bekam dort ein Einzelzimmer und ich erinnere mich heute (und nicht nur heute) daran, dass meine Zimmertür nicht von außen abgeschlossen wurde. Das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Nicht eingesperrt zu werden. Ich ging in den ersten Nächten immer wieder an meine Zimmertür und drückte die Türklinke herunter und öffnete die Tür ein wenig, nur um sicherzugehen, dass die Tür wirklich, ganz wirklich, nicht abgeschlossen war. sie war es nie. Auf die Frage der Gruppenleiterin, welche mir in den ganzen Jahren eine gute Freundin wurde, warum ich das tue und ich ihr mein Herzchen ausschüttete, starrte sie mich ungläubig an, nahm mich in den Arm und musste sich zusammenreissen um nicht zu weinen. Ich weiß es noch wie heute. Einen Tag später hatte ich einen wöchentlichen Dauertermin beim Psychologen. „Na toll“, dachte ich mir und ging, wie mir geheißen wurde, brav dorthin. Der brachte mich nach den ersten Stunden in einen Raum mit lauter Spielsachen. Unter anderem hing da ein echter Boxsack. Er gab mir Handschuhe und übte ein wenig mit mir. Nach ein paar Minuten rief er Bilder in meinem Kopf hervor und meine Schläge auf den Boxsack wurden härter und härter. Ich schrie vor Wut und schlug weiter und weiter. Bis ich weinend auf den Boden sank. Ich konnte nicht mehr. Er tröstete mich und sagte zu mir: „Ich glaube Du hast schon ewig nicht mehr geweint. Du hast es Dir in deinem Kopf einfach verboten, weil es keine Reaktion darauf gab, oder? Denn wenn es keine Reaktion, kein Trösten gibt dann kann man sich das Weinen sowieso schenken und genau das hast Du getan. Aber ab jetzt kannst Du traurig oder fröhlich sein und das eben auch zeigen, denn das ist wichtig… Für jeden, egal wie alt er ist, verstehst Du?“  Ich habe noch Jahre gebraucht um dies zu verstehen und diese Worte begleiten mich auch heute noch.
In dieser Gruppe gab es eben noch 5 andere Jungs, keiner wie der andere, jeder hatte sein verdammtes Päckchen zu tragen, jeder von ihnen hatte seine eigene Vorstellung von einem zu Hause. Es gab keinen, der nicht gehofft hatte wieder nach Hause zu dürfen, weil seine Eltern ihn doch so liebten. Heute weiß ich, dass es nicht der Wunsch war nach Hause zu kommen. Es war der Wunsch nach Geborgenheit, Anerkennung und elterlicher Liebe. Denn genau das hatten wir alle  zu Hause nicht bekommen. Natürlich waren wir keine Engel, lieber Leser und liebe Leserin, wir waren alle das Produkt unseres jeweiligen sozialen Umfeldes. Bekommt man den Umgang mit Geld nicht beigebracht, den Wert von Dingen nicht erklärt dann kann es durchaus passieren, dass das Kind anfängt zu stehlen. Das Erschrecken der Eltern, die sich keiner Schuld bewusst sind, ist dann riesengroß. Das Kind, welches sich in seiner Freizeit selbst überlassen wird, kann durchaus auf die schiefe Bahn geraten und schon in frühen Jahren anfangen zu rauchen, zu saufen oder andere Fehler begehen, da es keinen hat, der es ihm anders gezeigt hätte. Solche Erziehungsfehler schleichen sich ein und sind nur sehr schwer zu korrigieren. Na ja, ich will hier keine Erziehungsratgeber schreiben, es ist lediglich ein Beispiel unter vielen, welches aufzeigt wie man in einem Heim landen kann. Denn in einem Heim landet nur das schwächste Glied in der sozialen Kette und das sind nicht die Eltern oder Großeltern.

Bis hier erst einmal.

Gerne dürft Ihr kommentieren oder Fragen stellen, ich würde mich freuen.

Freric

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Wie man in einem Kinderheim landet…

Wie man in einem Kinderheim landet…

Wieder einmal ein Beitrag, fernab von BDSM und Fetisch.

Es gab zu der Zeit, in den 1980er Jahren, zwei Möglichkeiten in einem Kinderheim zu landen. Eigentlich sogar drei. Es gab zum einen die sogenannte Fürsorgeerziehung. Das bedeutete, dass das Jugendamt die Einweisung in ein Kinderheim bei Gericht erwirkte, z. B. wenn die sozialen Skills eines Kindes praktisch nicht vorhanden waren. Gelinde gesagt. Dann gab es Kategorie zwei. Das nannte sich „freiwillige Erziehungshilfe“ und bedeutete, dass überforderte Eltern sich entschlossen das Kind in einem Heim unterzubringe. Kategorie drei, die wahrscheinlich traurigste von allen, das Waisenhaus. Ein Kinderheim für Waisen. Ich gehörte zu Kategorie zwei. Durch meine persönliche Vorgeschichte wurde ich von einem gut situiertem Ehepaar adoptiert. Ein Kind war schon vorhanden, dies war ein leibliches Kind. Um der Menschheit etwas Gutes zu tun, adoptierten sie ein Kind – mich. Ich war noch sehr klein und erinnere mich nicht daran. Ein paar Jahre später bekam meine (Adoptiv-) Mutter noch zwei weitere Kinder und meine Odyssee begann. Es ist nichts Unnormales, wenn die Mutter sich um ihre eigenen Kinder, ihr eigenes Fleisch und Blut, anders kümmert als um eines, welches aus einer anderen Lebenssituation in die Familie aufgenommen wird. Dies habe ich an Leib und Seele mit voller Breitseite erleben dürfen. Und ich rede hier nicht von Kleinigkeiten. Ich habe meine Lebensjahre von 4-10 eingesperrt in einem spartanisch eingerichtetem Zimmer verbracht. Nur zu bestimmten Anlässen durfte ich dieses verlassen. Schule, Kirche und familiäre Feste. Ich konnte somit kein „normales“ Sozialverhalten entwickeln, wurde auffällig in der Schule, obwohl ich sehr gute Noten hatte. Prügel habe ich zu Hause täglich erhalten, als Strafe für etwas was ich angestellt hatte oder vermeintlich angestellt hatte. Mir wurde es egal wofür ich dies kassierte, es passierte unweigerlich. Irgendwann hat Mutter beschlossen, dass entweder sie ihre Familie verlässt oder eben ich. Und was passiert, wenn solche Entscheidungen getroffen werden? Richtig, das schwächste Glied in der sozialen Kette verliert. Also ging ich. Und zwar in ein katholisches Franziskanerinternat, welches mich aufgrund meiner guten Noten unter ihre Fittiche nahm. Prügel kannte ich schon, denn damit geizte dort auch niemand. Dort blieb ich auch nicht lange, mangels meiner Sozialkompetenzen. Ich habe die Klassenkasse mitgehen lassen, mich geprügelt, meine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht und mit dem Rauchen angefangen. Ich flog im hohen Bogen raus und ehe ich mich versah landet ich in einem Kinderheim für schwer erziehbare Knaben. 150 Jungs, verschiedenen Alters und Sozialschichten. Aufgeteilt in 12 Gruppen, in welchen geübt wurde, wie es in einer „Familie“ zugehen sollte. Ich hatte wahnsinniges Glück und kam in eine kleine Außenwohngruppe, damals noch ein Pilotprojekt. 6 Jungs, die es schafften aufeinander zu achten und sich zu respektieren. Jeder Bub mit seiner eigenen unschönen Geschichte. Ich bin dort lange geblieben, habe viele Kinder kommen und gehen gesehen. Und was soll ich sagen… Ich prügelte mich nur noch zur Selbstverteidigung, fast gar nicht mehr, nahm Schülersprecherämter an, war im Kinderheimrat, wurde Messdiener und kein Mensch konnte sich erklären, wieso meine Eltern mit mir überfordert waren. Da gab es Menschen, die mich unterstützten, an mich glaubten, mir Zuversicht gaben, mich prägten. Ich habe dort die wohl schönste Zeit meiner Kindheit und Jugend verbracht. Dazu darf ich bemerken, dass ich ein Riesenglück hatte dorthin zu kommen und Menschen um mich hatte, die es gut mit mir meinten. Dafür bin ich sehr dankbar. Diese Zuversicht möchte ich eigentlich gerne vermitteln, jedoch nicht den Anschein erwecken dass ein Kinderheim immer die allerbeste Wahl ist. Es gibt genug Kameraden, die nicht lange nach ihrer Entlassung den Tod gesucht und gefunden haben. Entweder willentlich oder aus Dummheit.

Und trotzdem lässt mich die Geschichte nicht in Ruhe, sonst hätte ich nicht das Bedürfnis heute noch darüber zu schreiben. Es ist halt meine Art irgendwann damit abzuschließen. Wahrscheinlich ist dies erst der Fall, wenn ich vor den Schöpfer trete.

 

In diesem Sinne

 

Freric

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Der Sturm. Gedanken um die stürmischen Zeiten. Auf See. Im Leben. Im Herzen.

Der Sturm. Gedanken um die stürmischen Zeiten. Auf See. Im Leben. Im Herzen.

„For all Crew: Safety sea, safety sea! For all Crew: Safety sea, safety sea! Safety Officer, please proceed to the bridge! Assesment Team: Standby! Medical Crew: Standby! Urgent!Urgent!“

Die Durchsage riss mich aus dem Schlaf. Wir waren etwa 4 Stunden von unserem Ausgangshafen Ushuaia entfernt, hatten Kap Hoorn hinter uns gelassen. Bestes Wetter, ruhige See, etwas Nebel. Die Gäste hatten ihr Diner schon serviert bekommen, es kehrte langsam Ruhe ein. Als ich die Augen öffnete merkte ich schon, dass das Schiff ordentlich schaukelte. Die Stabilisatoren waren wohl schon eingefahren. Ich kletterte aus meiner Koje und musste mich schon festhalten um nicht zu stürzen. Die Gläser auf dem Tisch rutschten ziellos hin und her. Ich nahm sie, stellte sie in das Schränkchen, verschloss es und sicherte alle beweglichen Teile in der Kabine. Stellte den Fernseher auf die Erde und zurrte ihn mit einem Gurt fest. Im Bad kam alles was sich bewegen konnte in einen Schrank. Dann zog ich die Rettungsweste an, ein hellgelbes Basecap mit der Aufschrift „Officer Crew“ und schlang mir einen Pullover um die Hüfte. So verließ ich, wie alle anderen den Crewbereich und eilte zu meiner Station, an der ich zu stehen hatte, bis der Kapitän weitere Anweisungen gab. Ich war dafür zuständig, den Küchenbereich räumen zu lassen, wenn der Befehl dazu kam. Die Küchencrew war damit beschäftigt Töpfe, Messer und andere Gegenstände zu sichern, damit diese nicht zu Geschossen wurden und Menschen verletzen konnten. Ich hatte bei einem bestimmten Zeichen dafür zu sorgen dass die Crew  die Küche verließ und die Türen hermethisch abzuschotten. Bei einem Feuer würde danach die Küche mit Co2 begast um die Flammen zu ersticken. Im Restaurant wurden die Tische abgedeckt, die Stühle mit eisernen Haken im Boden verankert, so dass diese sich nicht bewegen konnten, alle Schränke verschlossen und gesichert. Die Passagiere mussten auf ihrer Kabine bleiben, das zuständige Team kontrollierte ob alles seefest gemacht wurde. Das Schiff bäumte sich auf und schlug immer wieder mit dem Bug auf das Wasser, welches immer wilder wurde. Die Gischt schoss an die Fenster bis Deck 6. Es wurde immer schwieriger sich auf den Beinen zu halten. Da half nur: Breitbeinig wie ein Cowboy gehen, die Knie nie durchstrecken. Immer federnd bewegen. Eine Hand immer am Schiff. Die üblichen Funksprüche für die Crew quäkten durch die Funkgeräte. Der Kapitän versuchte das Schiff mit dem Bug auf die Wellen zu steuern. Ein Stahlschiff biegt sich unter solchen Wassermassen. Man hört es stampfen, krachen, ächzen. Ich hörte über Funk, dass es die Glasvitrine an der Bar auf Deck 8 nicht überlebt hat, keine Verletzten. Sie hatte sich aus der Verankerung gerissen und flog mit den Flaschen darin bis zum Fenster, wo sie zerbarst. Also, 5 Mann rauf und sie versuchten Schlimmeres zu verhindern. Ein Schiff auf Kurs zu halten bedeutet viel Erfahrung der Nautischen Besatzung. Draußen konnte man nicht mehr erkennen ob dort Meer oder Himmel zu sehen war. In solchen Breitengraden wurde es zu dieser Jahreszeit nicht mehr wirklich dunkel, höchstens diffuses Licht schimmerte. 8 lange Stunden in denen die Crew beruhigt werden musste, die Gäste betreut und versorgt werden mussten, 8 lange Stunden in welche selbst mir angst und bange war, denn so etwas hatte ich noch nicht erlebt. Ich hatte selten Angst und ein Sturm hat mich nicht erschüttert, aber ein Orkan dieser Stärke kannte ich nicht. Naturgewalt pur, gefährlich für Leib, Seele und Schiff. Nach diesen langen Stunden beruhigte sich die See langsam wieder, die Windstärke sank auf 5, was immer noch ganz ordentlich war. Wir hatten das Zentrum des Orkans verlassen und steuerten auf ruhige Gewässer zu. Der Kapitän gab Entwarnung, ich gesellte mich zu meinen Offizierskollegen in die Messe, wo die nächste Einsatzbesprechung stattfand. alles musste wieder auf Vordermann gebracht werden. Der Betrieb musste ja weitergehen. Die Gäste wurden gut betreut und mit einem ausgezeichneten Service betüdelt. So, wie man es auf einem 5* Kreuzer erwartet. Dann kehrte irgendwann Normalität ein und wir konnten unsere Reise in die antarktische Wunderwelt fortsetzen. Niemals wieder habe ich so einen Sturm erlebt und ich darf sagen, dass ich viele Meere befahren habe.

Es war nur eine Situation in meinem Leben, mit dem Leben bin ich, Gott sei Dank, auch davongekommen. Aber es gibt ja auch noch andere Stürme im Leben. Wer mich kennt weiß um meinen Kampf im Sturm „Alkohol“. Jeder von uns hat stürmische Zeiten hinter sich. Oder noch vor sich. Depressionen, Existenzangst, Tod, Krebs, Arbeitslosigkeit, Selbstverachtung,  egal wie wir versuchen die Stürme zu benennen, jeder weiß einen, dem er einen Namen geben könnte. Wir waren etwa 90 Mann Besatzung auf dem Schiff und haben durch Zusammenhalt und Fachwissen den Orkan überlebt. Zusammenhalt bedeutet aber auch nicht nur davon zu profitieren, sondern auch andere am Zusammenhalt teilhaben zu lassen. Eigeninitiative ist gefragt. Helfen und helfen lassen ist das Zauberwort. Auch im echten Leben, im reellen Miteinander. Wer sich immer nur versteckt und darauf wartet gefunden zu werden muss sich nicht wundern, wenn er eben nicht gefunden sondern  übersehen wird. Das passiert ganz häufig. Jemand sagt: Mir hilft doch sowieso keiner! In dieser Aussage steht nämlich auch oft Folgendes: Ich will gar nicht, dass mir jemand hilft! Ich gefalle mir in der Opferrolle ganz prima. Mir geht es zwar nicht gut, aber ich kann damit leben. Und wehe jemand versucht mich aus dieser Rolle zu holen und in meine Komfortzone, die zwar nicht toll aber erträglich ist, einzudringen. Glaubt mir, ich weiß wovon ich rede. Aus meiner Sucht bin ich auch nicht alleine herausgekommen. Nur mit Hilfe von Fachleuten und Freunden. Und Menschen, die mir zu Freunden geworden sind. Es geht manchmal nur ZUSAMMEN. Der Mensch ist auch gar nicht dazu gedacht jedes Scheißproblem nur mit sich selber auszumachen und durchzustehen. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei…“ steht in irgendeinem alten Buch geschrieben. Und genau so ist es. Wenn wir Hilfe brauchen, müssen wir uns öffnen und zu unserem Problem stehen. Fragen:“Kannst DU mir helfen?“, „Möchtest DU mir helfen?“ sind da schon wahre Zaubersprüche, die ungeahnte Türen öffnen. Vielleicht klappt es nicht beim ersten Mal, dann kann man sich umdrehen und den Nächsten fragen. Ein Versuch ist es allemal wert. Oder nicht? Die andere Seite zu beleuchten ist auch interessant. Fragt jemand: „Kannst DU mir bitte helfen?“ bedeutet ja nicht zwangsläufig, DASS ich es KANN. Vielleicht geht es um etwas, wovon ich keine Ahnung habe, keinen Plan wo ich ansetzen könnte. Dann kommuniziere ich das aber auch und gebe offen und ehrlich zu, dass ich in diesem Fall eben nicht in der Lage bin. „Doch warte mal, ich kenne jemanden, der Dir wahrscheinlich eher helfen kann.“ Und zu guter Letzt gibt es auch noch eine dritte Möglichkeit. Die Hilfe zur Selbsthilfe. Nicht wenige Selbsthilfegruppen sind genau deswegen entstanden und dort sind wahre Fachleute auf den spezifischsten Gebieten hervorgegangen.

Die Stürme des Lebens zu überstehen ist nicht einfach, doch zusammen kann man sie auf jeden Fall meistern. Vielleicht auch den nächsten. Dieser Text, Aufsatz oder wie auch immer ist bitte nicht als belehrend zu verstehen. Er soll Mut machen. In einer Welt, in der es um Krieg, Habgier, Mord, Corona und andere Fiesigkeiten geht, hilft es manchmal mutmachende Worte zu lesen. Oder zu hören.

In diesem Sinne.

Herzlichst

Freric

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Ich bin jemandem noch etwas schuldig. Eine Anekdote von meinen Schiffsreisen. Viel Spaß beim Lesen.

Wer sich die Seekarte im Bereich der kanarischen Inseln anschaut, wird bemerken, dass Madeira zwar dort in der Nähe liegt, jedoch nicht zu den Kanaren gehört. Die Kanaren gehören zu Spanien und Madeira gehört zu Portugal. Unsere Route startete damals auf Teneriffa und unser nächstes Ziel war Madeira. Dazwischen hatten wir einen Seetag, bedeutet, dass ein ganzer Tag gefahren wurde um unser Ziel zu erreichen. Auf so einem Seetag kann man eine Menge sehen… außer Wasser, Weite und Meer. Da dies der erste Tag einer neuen Reise war und einige unser Gäste nicht besonders seefest waren, fühlten sie sich ziemlich unsicher auf den Beinen, manche hatten einen flauen Magen. Wir von der Crew wussten, dass es an bestimmten Stellen auf der Route etwas schaukeliger war, wenn die Dünung von der Seite kam und das Schiff sich aufschaukelte. Wir nennen das „das Schiff rollt“. Und genau das machte einigen zu schaffen. Damit uns nicht die Teppiche und Möbel also gänzlich vollgekotzt wurden, legten wir massenweise Kotztüten an strategisch wichtige Stellen in den Restaurants aus, obwohl der Dampfer noch ziemlich ruhig im Wasser lag. Passagiere, die Langeweile haben, haben die Eigenschaft Fragen zu stellen. Fragen über die wir schmunzeln mussten, Fragen, die immer wieder gestellt wurden. Die Frage, ob die Crew auch an Bord schläft ist ein (zugegeben langweiliger) Klassiker, auf die wir stets antworteten:“Nein, wir werden täglich eingeflogen. Um 3:30h kommt der Helikopter und bringt uns an Bord.“

Doch zurück zu unseren besonderen Kotztüten. Natürlich wurden wir beim Frühstück immer wieder gefragt, wofür die Tüten denn da wären.

Unsere Antwort:“Das sind Frühstücksbeutel. Da können Sie, wenn sie wollen, noch ein paar belegte Brötchen einpacken und diese dann essen wenn Sie Hunger haben.“ Einige Passagiere taten das tatsächlich. Wir konnten nur mit dem Kopf schütteln. An Bord gibt es fast 24/7 etwas zu essen. Schließt ein Restaurant, öffnen 2 andere. Nun gut, wir fuhren eine Weile und das Schiff schaukelte sich langsam auf, die ersten Passagiere verschwanden auf ihre Kabine und diejenigen, die sich noch Brötchen eingepackt hatten kotzten in ihrer Frühstücksbeutel. Sie bedachten uns manchmal noch mit einem bösen Blick, die meisten mussten aber lachen. Zumindest wussten sie jetzt Bescheid.

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Ordensregeln im Mittelalter und heute.

Dem Kloster oblag im Mittelalter – in seinem Einzugsbereich – nicht allein die Pflicht, ein geistlicher, religiöser Stützpunkt des Glaubens zu sein, nein, das Kloster war – zu viel größerem Anteil – Bestandteil der weltlichen Gesellschaft: Es war Teil des Feudalsystems, nämlich als Lehnsherr für die Bauern und gleichzeitig Lehnsnehmer von der Kirche oder dem König. Das Kloster kümmerte sich um Kranke (Klosterapotheke), gab Reisenden Unterkunft, verlieh Gelder wie heute eine Bank, gab Sicherheit für das Alter, betrieb Handwerk, Landwirtschaft und Handel, oftmals auch eine Klosterschule. In vielen Klöstern gab es eine „Verweltlichung“. Ein Eintritt in ein Kloster hatte nicht immer religiösen Gründen erfolgte, sondern er wurde aus den weltlichen Motiven der Bereicherung (z.B. von Adelsfamilien im Mittelalter) und der sozialen Versorgung (z.B. von nicht erbberechtigten Bauernkindern, die keine wirtschaftliche Grundlage für die eigene Familiengründung hatten) getan. Da die religiösen Motive so bei einer großen Anzahl von Mönchen, oftmals auch beim Klostervorsteher, dem Abt, fehlte, wurde das gesamten Kloster oft verweltlicht. Dennoch: Klöster waren die Bewahrer der Kultur und Zentren der Bildung. Kulturelle Arbeiten wurden ausschließlich in Klöstern gefertigt, etwa Kopien alter Bücher. Es wurden Kunst- und Kulturgüter geschaffen. Zu nennen sind etwa die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches. Die Klöster praktizierten Landwirtschaft, Pflanzenzucht, sie entwickelten Kräuter- und Heilkunde und gaben sie an die umgebende Bevölkerung weiter. Das Kloster war somit im Mittelalter ein bedeutendes Entwicklungszentrum. Weitschauende Landesherren sahen diese Bedeutung und gründeten viele Klöster. Sie statteten sie mit weitreichenden Ländereien aus, oft in unterentwickelten Gegenden. Die Klöster wurden deshalb auch Stifte genannt (vom Landesherrn gestiftet).

Vor allem: Gott, den Herrn, lieben mit ganzem Herzen, ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Ebenso: Den Nächsten lieben wie sich selbst. Dann: Nicht töten. […] Nicht stehlen. Nicht begehren. Nicht falsch aussagen. Alle Menschen ehren. Und keinem anderen antun, was man selbst nicht erleiden möchte. Sich selbst verleugnen, um Christus zu folgen. Den Leib in Zucht nehmen. Sich Genüssen nicht hingeben. […] Den Zorn nicht zur Tat werden lassen. Der Rachsucht nicht einen Augenblick nachgeben. Keine Arglist im Herzen tragen. Nicht unaufrichtig Frieden schließen. Von der Liebe nicht lassen. Nicht schwören um nicht falsch zu schwören. Die Wahrheit mit Herz und Mund bekennen. Nicht Böses mit Bösem vergelten. Nicht Unrecht tun, vielmehr erlittenes geduldig ertragen. […] Nicht Stolz sein, nicht trunksüchtig, nicht gefräßig, nicht schlafsüchtig, nicht faul sein. Nicht murren. Nicht verleumden. […] Gottes Weisungen täglich durch die Tat erfüllen. Die Keuschheit lieben. Niemanden hassen. Nicht eifersüchtig sein. Nicht aus Neid handeln.  Streit nicht lieben. […]

Quelle: Benediktinerregel auf Kloster-Ettal.de

Diese Regel besteht nun fast seit 1400 Jahren und hat sich nicht wesentlich geändert. Auch die Gebetszeiten haben sich nicht grundlegend geändert, sind sie jedoch regional verschieden und auf die Aufgaben des Ordensmannes/frauen abgestimmt.

Der Mönch als Individuum war praktisch im Mittelalter nicht vorhanden, es galten strenge Regeln, nicht nur was die Gebetszeiten anbelangte. Hier ein Auszug der dazugehörigen Benediktinerregel:

Kapitel 28: Die Unverbesserlichen
Wenn ein Bruder öfter für ein Vergehen zurechtgewiesen und wenn er sogar ausgeschlossen wurde, sich aber nicht gebessert hat, verschärfe man die Strafe, das heißt, er erhalte noch Rutenschläge.
Wenn er sich aber auch so nicht bessert oder wenn er gar, was ferne sei, stolz und überheblich sein Verhalten verteidigen will, dann handle der Abt wie ein weiser Arzt.
Er wende zuerst lindernde Umschläge und Salben der Ermahnung an, dann die Arzneien der Heiligen Schrift und schließlich wie ein Brenneisen Ausschließung und Rutenschläge.
Wenn er dann sieht, dass seine Mühe kein Erfolg hat, greife er zu dem, was noch stärker wirkt: Er und alle Brüder beten für den kranken Bruder,
da der Herr, der alles vermag, ihn die Heilung schenkt.
Wenn er sich aber auch so nicht heilen lässt, dann erst setze der Abt das Messer zum Abschneiden an. Es gelte was der Apostel sagt: „Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte.“ (1Kor 5,13)
Und an anderer Stelle: Wenn der Ungläubige gehen will, soll er gehen.“ (1Kor7,15)
Ein räudiges Schaf soll nicht die ganze Herde anstecken.

Kapitel 29: Die Wiederaufnahme von Brüdern
Es kann sein, dass ein Bruder eigenmächtig das Kloster verlässt und später wieder zurückkehren will.
In diesem Fall verspreche er zuerst gründliche Besserung von dem Fehlverhalten, das zum Austritt geführt hat.
Danach werde er aufgenommen, aber als letzter eingereiht; dadurch wird seine Demut geprüft.
Wenn er wieder austritt, werde er noch zweimal in dieser Weise aufgenommen. Er muss aber wissen, dass es danach keine Rückkehr mehr gibt.


Kapitel 30: Die Strafe bei Mangel an Einsicht
Nach Alter und Einsicht muss es unterschiedliche Maßstäbe geben.
Daher gelte: Knaben und Jugendliche oder andere, die nicht recht einsehen können, was die Ausschließung als Strafe bedeutet,
sollen für Verfehlungen mit strengem Fasten oder mit kräftigen Rutenschlägen bestraft werden. Sie sollen dadurch geheilt werden.

Soviel mal dazu. Im Großem und Ganzen kann man sagen, dass es kein Zuckerschlecken war als Mönch im Mittelalter,

Heute sind die Strafen nicht mehr ganz so drakonisch und die Regeln, die Bestrafungen nach sich ziehen gibt es zwar noch, sind aber eher symbolischer Natur zuzuordnen. Was die Gebetszeiten anbelangt hat sich nicht viel geändert:

Die Regel selbst schreibt acht Gebetszeiten (VigilLaudesPrimTerzSextNonVesper und Komplet) vor. Innerhalb einer Woche sollen alle 150 Psalmen des Alten Testamentes gebetet oder gesungen werden. Das geht als von mitten in der Nacht und über den Tag verteilt, zusätzlich zu einer hl. Messe täglich. Natürlich kann man heute, da Ackerbau und Viehzucht, sowie das handschriftliche kopieren von Büchern weitestgehendst in den Hintergrund geraten ist, nicht unbedingt an den vielen Gebetszeiten teilnehmen. Man holt dieses im stillem Gebet nach und versucht trotzdem seine Arbeit zu verrichten.

Mein Leben im Kloster

Ich habe mich in jungen Jahren schon für das Klosterleben interessiert. Da war ich gerade 12. Und weil das zu jung war, wurde ich Messdiener und atmete den Geruch von sehr alten Gemäuern ein. Da ich einige Patres kennen lernen durfte, hatte ich in meiner Jugendzeit auch Zutritt zu Orten, die den Touristen und Gästen des Klosters verwehrt blieben. Im Laufe der Jahre kannte ich jeden Winkel, jede geheime Treppe, jeden verwunschenen Ort in dem 700 Jahre altem Klostergemäuer. Kurzum, ich trat nach meiner Ausbildung in den Orden der Salvatorianer ein. Das geht natürlich nicht einfach so. Man kann da nicht einfach aufkreuzen mit einem: „Hallo, hier bin ich und ich mach jetzt mit!“ Nein, man schreibt seine Bewegründe auf und bewirbt sich um die Aufnahme als Kandidat. Das tat ich und die Ordensgemeinschaft, das Kapitel, stimmten zu. Allerdings musste ich meine Heimat verlassen und nach Münster zu der dortigen Gemeinschaft ziehen. Ein Jahr verging, in welchem ich theologische Vorlesungen besuchte, hauseigenen Unterricht bekam und auch sonst gut ausgebildet wurde im Sinne des Gründers P. Franziskus Jordan. By the way, ich hatte immer noch mein eigenes Konto, Hab und Gut. Ich ging vormittags einer bezahlten Arbeit nach und am Nachmittag nahm ich am Klosterleben teil. Mit allen Aufgaben und Pflichten, wie die anderen auch. Wieder wurde die Gemeinschaft gefragt ob ich als Novize geeignet bin. Wieder stimmten sie in geheimer Wahl für : JA. Und so ging es dann nach Passau in das Ausbildungshaus. Ein geregelter Tagesablauf gemäß der Regel. Nur nachts brauchten wir nicht zum Gebet aus dem Bett. Die Gebetszeiten beschränkten sich auf die Laudes, Mittagsgebet und die Vesper. Und jeden Tag eine Meditation für die Novizen. Zwischendurch Unterricht und Studium. Und Arbeit in der klostereigenen Obstplantage.
Mein Konto war eingefroren und ich brauchte auch nichts an den Orden bezahlen. Wir bekamen ein Handgeld, ich glaube es waren 20 DM im Monat. Mehr brauchten wir auch nicht. Wofür auch? Die Dinge des täglichen Bedarfs, (Seife, Zahnbürsten,etc) und Kost wurde vom Orden gestellt, Kranken- und Rentenversicherung weiter bezahlt. Selbst die Raucher wurden bedacht. alles in allem beileibe kein Leben im Luxus, aber das ist auch nicht Sinn der Sache. Mein Zimmer bestand aus einem Tisch, einem Bett, einem Kleiderschrank und einem Waschbecken. Duschen waren auf dem Gang. Ende. Kein Luxus. Aber einen wunderschönen Blick vom Klosterberg auf Passau hinab. Den werde ich nicht vergessen.
Das Essen war einfach aber gut. Gelernt habe ich nicht nur das theologische Einmaleins, sonder auch das Singen. Gregorianische Choralgesänge. Tolle Sache.

Tja, wie das Leben so spielt, ich habe mich in ein Mädchen verliebt und musste den Orden verlassen. Das ist halt so, so sind die Spielregeln. Diese Beziehung, wenn es überhaupt eine war, hielt genau zwei Wochen nach meinem Austritt an und ich musste mir einen Job suchen. Da fingen dann meine Schiffsreisen an.

So, ich hoffe Euch einen kleinen Einblick in das Klosterleben gewährt zu haben. Eines möchte ich noch sagen. Begenet Ihr eine Nonne, einem Pater oder Frater, einem Ordensmann/frau jedwelcher Religion, achtet sie. Sie tun mit ihrem Leben etwas Gutes. Vielleicht im Augenblick nicht für Euch, dann für jemanden anderes ohne Gegenleistung zu erwarten. Es spielt keine Rolle ob er/sie die Armenküche versorgt, sich um Kleiderspenden kümmert, Seelsorger ist, Notfallrettungsassistent ist, Lehrer an der Schule ist, in der Krankenpflege arbeitet oder als Professor an der Uni lehrt. Jeder hat seine Aufgabe in einer Glaubensgemeinschaft/Orden. Und jede einzelne Aufgabe ergibt ein Ganzes.

Ein Abschlusswort zum Thema Reichtum und Kirche.

Bitte unterscheidet zwischen Amtskirche und Ordenskirche. Wer meinen Artikel tatsächlich gelesen hat weiß woher die Amtskirche und die Klöster ihren Reichtum haben. Ja, es gibt viele Orden, die sich wenig Sorgen um Finanzen machen müssen. Bis jetzt. Das hat mehrere Gründe. Erstens, die Nachwuchssorgen. In unserer Gesellschaft ist es nicht mehr unbedingt en vouge ins Kloster einzutreten. Folglich schwinden die Mitgliederzahlen erschrecken schnell. Demzufolge müssen für bestimmte Aufgaben externe weltliche Mitarbeiter eingestellt werden, die im Gegensatz zu Ordensleuten bezahlt werden wollen. Zweitens, die Klöster als Bauwerk sind nur mit sehr viel Geld zu erhalten. Denkmalschutz, Sicherheit und Restaurierungen und Reparaturen an solchen Gebäuden sind sehr teuer und gehen in die Millionen, die manche Orden alleine nicht stemmen können. So ist es heute schon so, am Beispiel Kloster Steinfeld, dass sich Investoren darauf spezialisiert haben die Klostergebäude zu kaufen und zu vermarkten. Im Gegenzug dafür haben die Ordensleute lebenslanges Wohnrecht und freie Nutzung der Gebäude. Das hat zwar den Vorteil, dass die Ordensleute ein Wohnheim haben, ihren Aufgaben weiterhin nachkommen können, die Gebäudefinanzen vom Hals haben aber mit der klösterlichen Stille und Einkehr ist es vorbei. Vielleicht schreibe ich irgendwann mal einen Extraartikel.

Man sieht also: Reichtum, angehäuft, kann auch zurückschlagen. Jeder kennt es: Gebäude, die nicht bewohnt sind kosten Geld. Geld was die Ordensleute nicht mehr erwirtschaften können.

Danke für´s Lesen und Eure Geduld es bis hierher geschafft zu haben.

Herzlichst

Freric

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Klostergeschichte gestern und heute 2. Teil

Klostergeschichte gestern und heute 2. Teil

Wenn man nun bedenkt, dass Fürsten und Herrscher sich bis dahin fast nur um das eigene Wohl kümmerten, Steuern von Arbeitern und Bauern eintrieben, die Ressourcen schröpften und sich Reichtümer anhäuften, so kann man sich den Wunsch der Bevölkerung nach medizinischer Versorgung, Bildung und Wohlstand vorstellen. Klöster a la Benediktiner boten dies. Die Fähigkeit des Lesens und Schreibens war in der breiten Masse kaum bis gar nicht vorhanden und war Ordensleuten und dem Adel vorbehalten. Der Adel schickte seine Nachkommen oft ins Kloster um dort ausgebildet zu werden. Normale Leute konnten sich dies in der Regel nicht leisten. Die Ausbildung war nicht billig zu haben und so kamen die Klöster zu Landbesitz und Geld. Sie wurden auch durch Schenkungen fürstlich entlohnt. Nicht selten vermachten weltliche Fürsten den Klöstern großzügige Spenden, in der Hoffnung dadurch doch noch ins Himmelreich zu kommen. Später wurden Ablassbriefe verkauft um an noch mehr Reichtum zu kommen. Außerdem wurden Landesfürsten vom König dazu verdonnert Abgaben an die Klöster zu entrichten. So kamen die Klöster zu viel Reichtum. Reichtum bedeutete aber auch Macht. Auch an Nachwuchs mangelte es nicht, denn es wurden üblicherweise mindestens ein Sohn oder Tochter einer Familie ins Kloster gesteckt, ob sie wollten oder nicht. Bestes Beispiel und bekannte Persönlichkeit war Hildegard von Bingen, welche später Äbtissin einer Benediktinerinnenabtei wurde.

Ein wesentlicher Aspekt in der (Kloster)- Kirchengeschichte ist die Vermischung von weltlichen Herrschern und geistlichen Führern.
Man muss unterscheiden zwischen der Weltkirche, unterteilt in Diözesen und Gemeinden, Bistümer) und der klösterlichen Welt.
Die weltliche Kirche verlieh Ämter wie Bischof, Kardinalswürden, ernannte Erzbischöfe und gleichzeitig damit verbunden waren Ländereien, Steuerrecht und andere Annehmlichkeiten an weltliche Fürsten, die zum Teil verheiratet waren und Kinder hatten. Das hatte zur Folge, dass diese Ämter beim Versterben desjenigen einfach weitervererbt wurden. So konnte es passieren, dass auf einmal ein zwölfjähriger Junge mal eben Bischof wurde. Alles in einem war es ein riesengroßer Klüngel mit vielen Streitereien und Krieg. Die endgültige Trennung von Staat und Kirche vollzog sich wesentlich später und ist nach gängiger Lehrmeinung immer noch nicht gänzlich vollzogen.

Die Klöster unterstanden dem ansässigen Bischof, hatten im täglichen Politikgeschehen sicherlich eine Menge zu sagen waren dabei aber meistens im Hintergrund die Strippenzieher. Die meisten Ordensleute taten ihre Arbeit, versuchten autag gemäß ihrer Regel zu leben.

Damit dieser Beitrag nicht ganz zu trocken wird, wenden wir uns einer genüßlichen Sache zu. Dem BIER.
Man sagt den Benediktinern nach, dass sie das Brauen erfunden hätten. Das stimmt nicht ganz, vergorene Flüssigkeiten aller Art gab es schon im frühen China oder im Nahen Osten. Wir kennen alle Bilder von dicken Mönchen mit eine großem Krug Bier in der Hand.

Bierherstellung gleich Frauensache. Das änderte sich erst kurz vor der Jahrtausendwende. Das Christentum war im 6. und 7. Jahrhundert durch irische Missionare nach Europa gekommen. Als Karl der Große im Jahre 800 n. Chr. deutscher Kaiser wurde, gab es alleine in Bayern 300 Klöster, von denen einige schon seit 150 Jahren Bier brauten: sogenannte Klosterbrauereien.

Als festgelegt wurde, dass die weltlichen Fürsten an die Klöster Abgaben zu leisten hatten, war das Klosterbier ein fester Bestandteil der Lieferungen. Jedoch war das meist aus Hafer hergestellte, mit oder ohne Honig versetzte Klosterbier, ein ziemlich dünnes Gebräu. Das mag der Grund dafür sein, dass sich die Mönche selber intensiv dem Bierbrauen widmeten, denn man suchte ein nahrhaftes und wohlschmeckendes Getränk zu den Mahlzeiten, die vor allem in der Fastenzeit ziemlich karg waren.

Es galt: Liquida non frangunt ieunum – Flüssiges bricht das Fasten nicht.

Also war Bier immer erlaubt, trotz einiger Versuche von tugendhaften Zeitgenossen, den Verbrauch per geistlicher oder weltlicher Verordnung einzuschränken. Und in der Tat nahm der Bierverbrauch in den Klöstern, wohl aufgrund der körperlichen Beanspruchung durch die Klosterarbeit und die umfangreichen Exerzitien, recht erstaunliche Ausmaße an: Immerhin berichten die Chronisten, dass es jedem Mönch erlaubt war, 5 Liter Bier am Tag zu sich zu nehmen. Man stelle sich vor, jeden Tag 5 Liter Bier zu trinken. Zur Erklärung: Dieses Bier war eine ziemlich dünne Suppe, doch nahrhaft und hatte nicht wirklich viel Alkohol intus, zumeist mit Wasser vermischt. Auch wurde dieses Bier als Armenbier an die Bevölkerung kostenlos ausgegeben.

Im nächsten Beitrag geht es um Ordensregeln und wie die Leute tatsächlich im Kloster lebten.

wir lesen uns!?

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Kloster gestern und heute…

Ich fange mit dem Gestern an und möchte ein paar Worte über Klöster im christlichen Sinne sprechen. Was ich vermeiden möchte, ist jemanden meine Meinung aufzubürden oder den Eindruck enstehen zu lassen ich wäre hier auf einer Mission unterwegs. Es geht einfach nur um Information und meine Erfahrungen im Kloster. Ich habe allergrößtes Verständnis, wenn es Leute gibt, die mit dem Thema nichts anfangen können oder wollen. aber die lesen diesen Text wahrscheinlich ohnehin eher nicht, wobei ich es nicht ausschließen möchte. Ich erhebe keinen Anspruch auf 100%ige Richtigkeit meiner Angaben, es soll ja auch keine Diplomarbeit darstellen. Es werden im Laufe der folgenden Zeilen viele bekannte Namen auftauchen. Auch den Unterschied zwischen benediktinischen Orden und den franziskanischen Orden werde ich noch kurz beleuchten.

Denkt man an ein Kloster, kommen einem unweigerlich Filme wie „Der Name der Rose“, „Der Glöckner von Notre Dame“ und ähnliche großartige Filme und Dokumentationen über Zeiten der Inquisition in den Sinn. Doch die Zeiten von christlichen Gemeinschaften fingen doch viel früher an. Die ersten urchristlichen Gemeinden bildeten sich in Jerusalem, daraus folgten weitere in Antiochia in Kleinasien und Syrien. Die Nachfolge Christi anzutreten hieß beileibe nicht alles stehen und liegen zu lassen um in Armut und Hunger zu leben, jedoch nach bestimmten Regeln und ethischen Werten, welche Christus zu seinen Lebzeiten zu vermitteln suchte. Der Grundgedanke ein gottgefälliges Leben zu führen ist zunächst kein verwerflicher. Würden alle Menschen alleine nur die zehn Gebote einhalten… Wir bräuchten keine weiteren Gesetzbücher. Nirgends.
Zunächst schlossen sich Einsiedler zusammen (in Ägypten und Palästina) um über bestimmte Dinge des Lebens zu meditieren und nachzudenken. Das erste und wahrscheinlich älteste bauliche Kloster ist das von Kopten errichtete Antoniuskloster in Ägypten. (Kopten sind die Einwohner Ägyptens, welche ägyptisch sprechen und dazu Christen sind, sehr einfach erklärt, das Thema ist sehr komplex.) Das Antoniuskloster wurde im 4. Jahrhundert auf einer Nilinsel von Pachimus, ein Schüler des hl. Antonius im etwa 3. Jahrhundert erbaut. Pachimus gründete noch viele weitere Klöster die zum Vorbild für spätere Ordensgemeinschaften wurden.

Machen wir einen kleinen Zeitsprung, denn Geschichte entwickelt sich mit der Zeit. Jetzt kommt ein Name, der von Euch sicher schon mal gehört wurde: Benedikt von Nursia. Dieser war auch ein Einsiedler, welcher die Idee hatte eine Gemeinschaft zusammen zu rufen, eine (Ordens-) Regel aufstellte, welche unter dem Namen:“Ora et labora!“ (Bete und arbeite!) verschriftet wurde. Er lebte bis zum Jahr 555 und 529 baute er sein erstes Kloster in Montecassino auf. Diese Ordensregel ist bis heute für viele andere Ordensgemeinschaften eine Grundlage der Ordensgemeinschaften. (Benediktinisch geprägter Orden) Keineswegs beinhaltete diese Regel eine Anhäufung von wirtschaftlichen Gütern wie Gold, Geld und andere Annehmlichkeiten. Im Gegenteil, Gastfreundschaft, Krankenpflege, Bildung, Kunstfertigkeit und Seelsorge standen im Vordergrund. Bildung war für Seelsorge sowieso ein wichtiges Thema, Wissen über Natur und Dinge, Medizinkenntnisse, das Lesen und Schreiben, das Kopieren von Schriften, aber auch Ackerbau und Viehzucht gehörten zum klösterlichen Leben nach „Ora et Labora!“ einfach dazu.

Bis hier erstmal.

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Schiffsgedanken letzter und 4. Teil

Schiffsgedanken letzter und 4. Teil

Reise, Reise…

Mein vorerst letzter Beitrag zum Thema Kreuzfahrt hinter den Kulissen.

Die Frage, ob die Mannschaft auch an Bord schläft und nächtigt, ist schon fast ein alter Hut. Lustiger sind Fragen wie:“Woher kommen denn die frischen Eier und die frische Milch jeden Morgen?“ Diese lösen gerne auch lustige Erklärungen aus, doch Vorsicht: Mancher Gast, der sich im Nachhinein veräppelt fühlt, geht sich auch gleich beschweren. Dann gilt auf dem Schiff: Lustig sein und gute Laune verbreiten ist gewünscht, sollte sich ein Gast beschweren hagelt es mündliche und schriftliche Verwarnungen. Da fragt sich irgendwann jeder ob er noch Spaß hat….

Zum ersten April einer Reise luden wir alle Gäste zu einer Schornsteinbegehung auf großer Fahrt auf Deck 14 ein. Natürlich kann man den Schornstein nicht begehen und schon gar nicht bei voller Fahrt. Daher bauten wir ein großes Champagnerbuffet auf und bewirteten unsere Gäste, die tatsächlich kamen so gut es ging, so dass jeder doch zufrieden war.

Wir luden auch ein zur Delphinfütterung bei voller Fahrt, pünktlich um 17:00h auf Deck 5, Steuerbord. Auf die Frage hin:“Woher wissen die Delphine, dass wir da sind und sie füttern wollen?“, drückten wir allen Anwesenden ein Fernglas in die Hand und ließen sie etwa eine Stunde nach Delphinen Ausschau halten. Doch außer ein paar hungrige Möwen gab es nichts zu sehen. Die wurden stattdessen gefüttert. Unsere Gäste luden wir danach auf einen Drink an der Bar ein, mit dem Bedauern auf den Lippen, wie schade es war, dass die Delphine heute leider nicht da waren. Die waren sonst immer da. Ehrlich. (#nicht)

Und zu guter Letzt:

Auf der Inselrundfahrt „Kanaren rauf und runter“ gab es zwischen Teneriffa und Madeira einen Tag auf See. Dort kam es regelmäßig zu erhöhtem Seegang um die Frühstückszeit herum. Wir verteilten vorher an strategisch wichtigen Punkten auf dem Schiff zahlreiche Kotztüten. Auf die Frage unserer Passagiere wofür die Tüten gedacht sind antworteten wir mit einer Gemütsruhe:“Wissen Sie, das Frühstücksbuffet schließt bald, damit wir uns auf das Lunchbuffet vorbereiten können. Wenn Sie also noch Appetit verspüren, können Sie sich noch etwas einpacken. Wir wollen nicht, dass sie Hunger haben müssen bis zum Mittagessen.“ Viele unserer Gäste haben sich daraufhin den „Frühstücksbeutel“ tatsächlich vollgestopft. Ob sie den Beutel zu späterer Zeit ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt haben kann ich nicht sagen…..

So bis hier erstmal meine Reiseberichte und ein paar kleine Einblicke hinter die Kulissen eines Kreuzfahrtschiffes. Wie gesagt, ich habe viel gesehen, viel gearbeitet und viel gelernt.

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Schiffsgeschichten Teil 3

Schiffsgeschichten Teil 3

Reise, Reise

Landgänge… Ich werde häufig gefragt ob die Crew auch an Land gehen durfte. Und hier die Antwort: Ja….wenn Du keinen Sicherheitsdienst hasttest, Du dienstfrei hattest, wenn Du nicht zu müde warst, da Du Dich zu lange in der Crewbar aufgehalten hast. Dann konnte jeder an Land gehen und sich die Touristenburgen anschauen. Wer schon einmal zum Beispiel 6 Monate lang die kanarischen Inseln abgefahren ist, kennt Fuerte Ventura, Funchal/Madeira (gehört übrigens nicht zu den Kanaren!), und all die anderen Hafenstädte auswendig. Da ging man vielleicht 2 oder dreimal pro Insel an Land und dann ließ man das bleiben. Man ging lieber pennen. Doch was war als wir New York anfuhren? Ich hatte Dienst, konnte also nicht an Land um wenigstens ein paar Fotos zu machen. Da gab es dann die Möglichkeit seinen Dienst zu „verkaufen“. Bedeutet, ein anderer macht Deinen Job und Du bezahltest ihm 200 US Dollar dafür. Für 2,5 Stunden Arbeit ist das kein schlechtes Geschäft!!!
Man stelle sich ein Schiff wie eine Stadt vor. Außer Klopapier, Nahrung und Treibstoff braucht ein Schiff nicht viel. Wasser wird entsalzt, gereinigt und wird zu Trinkwasser, Strom durch Aggregate erzeugt. Feuerwehr ist an Bord, Sicherheitsdienst ebenfalls, Arzt und hübsche Krankenschwestern, Navigator… Alles da.
Ein Filipino auf so einem Schiff verdiente echt nicht viel. Er konnte und durfte sich etwas dazu verdienen. In der Regel waren es Cabinstewards, die auf mich zukamen und mir anboten meine Kabine sauber und in Schuss zu halten. Ein Komplettpaket sozusagen. Für 20 US Dollar die Woche. Es gab jede Woche frische Bettwäsche, jeden Tag ein gemachtes Bett, immer ausreichend Klopapier und die tägliche Bordzeitung auf dem Kopfkissen. Sehr angenehm. Da wir zu zweit auf Kabine waren, zahlte der Kollege auch 20 US Dollar, macht 40. 10 Kabinen hatte ein Filipino höchstens. Das machte für ihn im Monat ca 1600 Dollar. Das war damals das dreifache seiner Heuer. Und das X-fache von dem, was er bei gleicher Leistung zu Hause verdient hätte. So funktionierte das Geldverdienen an Bord. Trinkgelder flossen in der Regel den bedienenden Steward/essen und den Kabinendüsen zu. Außerdem gab es eine Trinkgeldkasse für die unsichtbaren Geister. Hilfsleistungen von Kollegen wurden immer honoriert.
Jetzt möchte ich mal etwas über die Routen erzählen. Es gibt sehr interessante Routen und den sogenannten Schienenverkehr. Schienenverkehr bedeutet, es wurde immer eine bestimmte Reise angeboten, z. B.: 7 Tage kanarische Inseln, also eine Inselrundfahrt. Für die Gäste ein Highlight, für uns bedeutete es jede Woche derselbe Hafen, dieselbe Insel. 6 Monate und mehr. Die interessanten Routen wie z. B.: klassische Ostseereise von Hamburg – Kopenhagen – Stockholm – Tallin – St. Petersburg – Kiel – Hamburg waren auch für uns ein Sternchen. Oder die norwegischen Fjorde bis Geiranger. Oder eine Reise um Spitzbergen herum, früher ein heikles Unterfangen wegen des Packeises, heute wesentlich einfacher aufgrund der Eisschmelze in diesen Gebieten. Eine Fahrt über die Nordwest-Passage war wirklich ein Erlebnis. Zwei Fahrten sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Die Kap zu Kap Reise (vom Cape of good hope bis Cape Hoorn) und die Reise in die Antarktis. Das war schon abenteuerlich. Die Antarktis Expedition fing in Cancun, Mexiko an, führte durch den Panamakanal und dann die ganzen Kaffeestaaten nach Süden, um Kap Hoorn herum in den Beaglekanal nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der amerikanischen Welt. Dann über die Drake Passage in die antarktische Eiswelt. Wir habe Stürme erlebt, bei denen nicht nur mir der Arsch auf Grundeis ging. Wir haben dort eine Tierwelt gesehen, die seinesgleichen sucht. Wer glaubt in der Antarktis gibt es nur Eis und Pinguine wird dort eines besseren belehrt. Wale, Seelöwen, Seerobben, Pinguine, Massen an Vögel und auch Delphine habe ich dort gesehen. Wir haben die verschiedensten Forschungsstationen besucht, Post verteilt, Geschenke mitgebracht und welche bekommen. Es war eine Riesensache die ich so schnell nicht vergessen werde. Ich habe Menschen kennengelernt, die verschiedensten Nationalitäten. An Bord arbeiten Menschen aus bis zu 24 Nationen. Und es gab keinen Streit zwischen ihnen. Wir waren EINE Crew, EINE Mannschaft und es spielte keine Rolle woher jemand kam. DAS hat mich fasziniert und mir eine Zufriedenheit gegeben. Klar, es war ein harter Job, aber es hat sich gelohnt. Es hat mich geprägt. Und ich liebe Shanties bis heute!

In meinem vorerst letzten Teil der Reise, Reise…Schiffsgedanken in den nächsten Tagen (oder morgen Nacht) wird es um Anekdötchen gehen, lustige Begebenheiten die an Bord passierten und zum Schmunzeln anregen.

Fortsetzung folgt…

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