Alkohol

Entgiftung in der qualifizierten Klinik und wie ich doch nicht sterben wollte.

Entgiftung in der qualifizierten Klinik und wie ich doch nicht sterben wollte.

Ich wurde in eine Einrichtung gebracht, in der eine qualifizierte Entgiftung angeboten wurde. Den Unterschied zwischen einer Entgiftung und einer qualifizierten Entgiftung möchte ich kurz erläutern.

Normalerweise ist es so, dass unser Körper den Alkohol relativ schnell abbauen kann. Bei einem normalen Konsum. Spiegeltrinker, wie ich einer war und die einen ständigen Spiegel zwischen 2 und 4 Promille im Blut haben, unterliegen, wie schon beschrieben, anderen Umständen und sind beim Entzug anderen Gefahren ausgesetzt. Deswegen gibt es eine qualifizierte Entgiftung, in welcher im besonderen Maße auf die Patienten geachtet wird in Begleitung des psychologischen Dienstes und einem sozialen Dienst obendrein. Die Betreuung ist intensiver als wenn man in einem normalen Akutkrankenhaus entgiftet. Und wesentlich kostenintensiver.

Der „normale“ Mensch, gesund, ausgeglichen und psychisch stabil reibt sich nach einem Gelage kurz die Schläfen, schmeißt eine Aspirin ein, je nach Katerstärke, dazu eine Tüte Salzbrezeln, ein paar Liter Wasser und wendet sich der spröden Tagesordnung zu. Amateure eben.
Profis, wie ich einer war, reagieren bei einem Entzug wie bei einer Lebensmittelvergiftung.
Der niedrigdosierte Spiegeltrinker hat am Anfang noch nie so richtig über die Stränge geschlagen und womöglich hatte der noch nicht einmal einen echten Rausch. Trotzdem ist jeder Spiegeltrinkerkörper mit plötzlichem Abbau der gewohnten Dosis mal so gar nicht einverstanden und verlangt nach seinem Stoff. Diese Dosis variiert von Mensch zu Mensch. Nehmen wir mal die sprichwörtliche Oma, die dauerhaft ihren lumpigen Fingerhut Sherry trinkt, über den Dachdecker, der erst mit 1,9 Promille auf seinen Dachfirst kommt, bis hin zur Hausfrau mit ihrem morgendlichen Mittags- und Abendpiccolöchen. Alle Spiegeltrinker sorgen dafür, dass ihr System gleichbleibend versorgt wird. Das reicht ihnen aus und mehr muss auch nicht sein. Deswegen können sie jahrelang ohne sozial auffällig zu werden, ihren Verrichtungen nachkommen. Kommt aber jetzt etwas dazwischen, also unsere sprichwörtliche Oma bekommt einen Oberschenkelhalsbruch (zum Beispiel) und braucht ihren täglichen Klosterfrau…. Ja was dann? Dann wird nicht schlecht gestaunt, wenn Omi voll auf Turkey ist und es wird gefragt:“Omama, trinken Sie etwa?“ Und dann muss der Krankenhausseelsorger gerufen werden, der der Oma beibringen muss, dass sie drogenabhängig ist… Ihr seht also, es kann jeden treffen.

Wo wir gerade von „es kann jeden treffen“ sprechen. Das größte Schreckgespenst bei Entzügen ist der eleptoide Krampfanfall. Dieser kann jeden treffen, es spielt keine Rolle ob man schon die AOK-Plakette für die 100ste Entgiftung bekommen hat oder niedrigdosiertes Spiegeltrinken betreibt. In der wundersamen Welt des Alkoholismus ist alles möglich. Alkohol ist nicht wirklich auch nur ansatzweise berechenbar. Demzufolge kommt Delirium und Krampfanfall nicht nur bei Schwerstabhängigen vor, sondern eben auch bei minderschweren Fällen. Schnöde Fakten gefällig? Bitteschön: kurzandauernder, aber lebensbedrohlicher Zustand der Bewusstseinstrübung mit lebhaften Halluzinationen, Angst, Unruhe und/oder Wahnvorstellungen und erlebte Albträume.
Die gute Nachricht:
Etwas Haldol kann diesen Zustand beheben.

Die schlechte Nachricht:
Man landet wahrscheinlich längerfristig auf der geschlossenen Abteilung.

Die schlechteste Nachricht:
Schlägt Haldol nicht an, hat man sich höchstwahrscheinlich schon eine Psychose angesoffen, soll heißen, die Halluzinationen sind länger zu Gast, als man sie gerne haben möchte und das ist sehr schwer therapierbar. Es gibt aber auch eine

halbgute Nachricht für den Trinker als Solchen und soll keineswegs eine Entwarnung darstellen:
Die chronische Psychose trifft wesentlich häufiger Konsumenten von Pillen, Cannabis und Pilzen.

Also bitte, ein Profitrinker schafft den Entzug nicht mehr mit Aspirin und Heringsdipp. Da muss professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Und by the way, bei Sedierung sinkt auch das Krampfrisiko und auch dafür gibt es mittlerweile Medikamente, die nicht abhängig machen, dementsprechend findet dann auch keine Suchtverlagerung statt. Zumindest nicht in der Engiftungsphase.

Im nächsten Artikel geht es um einen Schwerstarbeiter im Körper, der Leber. Und um meine Erfahrung auf Station.

In diesem Sinne

Lesen wir uns?
freric

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Aufhören ja – aber wie?

Aufhören ja – aber wie?

(Foto: Daniel Reche, Pexel, lizenzfrei)

Wieder verging einige Zeit und ich schlich mich durch das Leben. Mir war nicht langweilig, außerdem war ich, wenn ich betrunken war keiner, der negativ auffiel. Ich wurde nicht aggressiv, eher melancholisch, ich spielte recht gut Gitarre (heute auch noch!) und habe/hatte eine gute Stimme zum Singen. Ich war sehr unauffällig. Das war das Gute daran. Das war das Schlechte daran. Denn, je weniger ein Alki in der Öffentlichkeit auffällt, desto später kommt auch die Einsicht (Krankheitseinsicht) mit dem Trinken aufzuhören. Ich hatte genug zu tun. Zum Beispiel mit der Beschaffung von meinen Konsumgütern. Täglich bis zu drei Liter Schnaps zu kaufen ist eine Herausforderung und bedarf einiges an Ideenreichtum. Ich war ja bekannt im Ort. Da kann man nicht 6 mal die Woche zum Laden gehen und soviel Schnaps kaufen. Das fällt auf. Was sollen denn die Leute denken? Also wurden die Läden gewechselt. Mal kaufte ich hier, mal dort und dann wieder ganz woanders. Irgendwann hatte ich ca 10 bis 12 Läden zusammen, die ich dann besuchte und mein Zeug kaufte. Ich Idiot. Von vielen Seiten kamen sie aber doch, die gut gemeinten Ratschläge: Mach doch mal Pause. Trink doch nicht schon morgens. Trink doch mal Apfelschorle. Schon wieder Alkohol? Es gab tausend Ansprachen und ich hörte -vermeintlich- nicht auf sie.
Da es sicherlich interessant ist zu wissen, was im Kopf eines Alkis abgeht:
Sehr wohl habe ich mir die Worte angehört, sie verinnerlicht, und beileibe, ich wollte aufhören! Ich wollte es so sehr, dass ich etwas tat, was ich heute NIEMANDEN raten würde, da es einfach zu gefährlich ist. (Wenn man durch die Sauferei nicht eh schon ziemlich gefährlich lebt…) Ich sperrte mich mit einer Kiste Wasser in meinem Zimmer ein und wollte kalt entziehen. Damals wusste ich nichts von den Risiken, ich wollte einfach mal wieder das Richtige tun und aufhören zu trinken. Ich stoppte von 2000 Prozent auf 0. Mein Fehler. Und fast mein Tod! Als ich es nicht mehr aushielt vor Schmerzen und Winden, Zittern und Kotzen trank ich wieder und es hörte auf.
Ich trank weiter, das wollte ich mir nicht antun. Mit Tränen im Gesicht und Tränen in der Seele setzte ich die Flasche an und trank bis ich wieder klar denken konnte.
Eines Tages hatte ich einen Fahrradunfall, ich fuhr unbedacht durch ein Schlagloch und fand mich mit einem Trümmerbruch in der Hand auf der Erde liegend wieder. So musste ich ins Krankenhaus. Die Ärzte bekamen nicht mit, dass ich unter Strom stand, ich funktionierte ja normal. Die OP war für den nächsten Tag angesetzt und ich sollte speisentechnisch nüchtern bleiben. Mein Problem war, dass man im Krankenhaus keinen Alkohol zu kaufen bekommt und ich merkte meine Entzugerscheinungen schon. Ich bekam Angst. Übelste Angst. Dann, nach ein paar Stunden schaltete mein Hirn auf Not-Aus. Kein Film und kein Ton kam mehr an. Ich lebte zwar, aber mein Hirn machte erstmal Pause. Was in der Zwischenzeit geschah weiß ich nur aus den Berichten der Ärzte, die mich trotzdem irgenwie operierten. Leider kann ich mich an ein paar lichte Momente erinnern, in denen ich Trugbilder wie sprechenden Bäumen, winkenden Laternen und allerlei buntes Zeug gesehen habe um dann bald wieder in den Sumpf und in das Glück der Bewußtlosigkeit zurückfallen konnte. Ich wachte auf und lag ziemlich streng fixiert auf der ITS und guckte dumm. Der Himmel sollte anders aussehen, dachte ich mir. Mir ging es gut. Das hing aber eher mit den Medikamenten zusammen, die man mir gegeben hatte, damit ich mit dem Randalieren aufhörte. Die Ärzte hatten die Pfleger/innen angewiesen, mir regelmäßig Bier zu geben, damit ich den Spiegel halten konnte. Jetzt mag man denken: Bier im Krankenhaus? Ja, die Ärzte dürfen niemanden ohne dessen Einwilligung entgiften, da es den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen würde. Hätte ich auch nicht dran gedacht.
Ich sollte noch 10 Tage dort bleiben und morgens, mittags und abends brachte man mir die Hopfenkaltschale und achtete darauf, dass ich sie trank. Ein, zwei Tage später ging ich in den Krankenhausgarten um ein Zigarettchen zu rauchen, setzte mich auf eine Bank zu einem jungen Mann. Ich unterhielt mich mit ihm und er erzählte mir, dass er hier im Krankenhaus eine Entgiftung machen würde. Ich, in meinem dusseligen Kopf, dachte da an illegale Drogen wie Kokain oder Heroin. Nein, nein er machte einen Entzug vom Alkohol.
Das gab mir schwer zu denken. Und ich dachte lange nach. Um dann doch kurzentschlossen auf Station zu gehen und mich bei der Schwester zu erkundigen. So schnell wie die gute Frau gelaufen ist um einen Arzt zu holen, der mich beriet, so schnell war auch das Bier auf dem Nachttisch verschwunden und durch ein Pillenschälchen ersetzt worden. Das Zeug in den Pillen hieß Distraneurin, und verhindert das Gehirnhälftenschlackern während dem Entzug. Es beruhigt das Hirn , das Zittern, das Schwitzen, die innerliche Unruhe, die Todesangst….all das bleibt. Da hilft kein Bitten, Flehen, Beten da musste ich durch. Gott sei Dank kam schon am nächsten Tag ein sehr fähige Ärztin und schlug mir vor, mich in ein anderes Krankenhaus zu verlegen, noch am selben Tag. Erstmals hörte ich von einer „qualifizierten Entgiftung“, eine Suchtstation, die sich auf solche Idioten wie mich spezialisiert haben. Ein Bett war auch frei, so dass ich eine „LeckmichamArsch“-Pille bekam und mit einem Krankenwagen, unter steter Kontrolle der Vitalfunktionen, dann dorthin gefahren wurde. Ich sollte sehen –
ich war nicht alleine. Wir waren (und sind) viele.

In meinem nächsten Kapitel dieser, von Herzen geschriebenen, Reihe geht es um Entgiftung im psychischen und physischem Sinn mit ein paar Erklärungen dazu. Viel persönliches, aber auch ein wenig theoretisches. (keine Angst es wird kein wissenschaftlicher Vortrag!)

Lesen wir uns wieder?

freric

„Hoffnung ist, in die sterbende Erde Samenkörner zu stecken.“

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Als erstes….

Als erstes….

möchte ich einleitend klar stellen: Diese Artikelserie ist nicht dazu gedacht irgendwem das Feiern zu vermiesen. Ich bin nicht vom Saulus zum Paulus geworden und gehe jetzt wanderpredigend durch die Welt und verteufle den Alkohol wo ich nur kann. Nein, es soll aufklärend sein, informativ mit einer gewissen Portion von „schwarzem“ Humor und gewürzt mit ziemlich harten Fakten. Ich persönlich habe für drei gesoffen, bin abgestürzt und irgendwem sei Dank wieder aufgestanden und habe einen Schlußstrich gezogen. Ohne fremde Hilfe hätte ich das nicht geschafft und wäre jetzt ziemlich tot. Doch dazu später.
Fast jeder kennt oder hat jemanden, dessen Angehöriger alkoholkrank ist, ob trocken oder nicht, kennt jemanden, der daran verstorben ist oder ziemlich nahe dran ist. Vielleicht auch der eigene Partner oder das eigene Kind. Einige kennen auch die Geschichte dazu. Die sind meistens traurig genug und oft habe ich gehört wie zu den Kindern gesagt wurde:“Du willst doch nicht so enden wie der Penner da drüben.“
Alkohol gibt es seit es vergorene Früchte gibt, also weit über 10000 Jahre. Das Wort Alkohol stammt übrigens aus dem arabischen“al khol “ was soviel bedeutet wie „etwas Feines“. Die älteste Droge der Welt. Chemisch gesehen ist Alkohol ein Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen, das in einem biochemischen Vorgang entsteht, wenn Hefen oder Bakterien Zucker abbauen. Ca 3000 Jahre vor Christus begannen die Menschen schon Wein zu keltern und Bier zu brauen. Die berauschende Wirkung veranlasste viele Religionen den Alkohol in ihre Rituale aufzunehmen. So fing es also an. Da hat der liebe Gott, oder wer auch immer, tatsächlich etwas Feines erfunden. Auch als Medizin wird Alkohol bis heute angewendet. Siehe auch: Franzbranntwein in Oma´s Schränkchen.
Doch auch in der Gesellschaft ging es nicht nur zu Feierlichkeiten hoch her. In manchen Teilen des Planeten so hoch her, dass die Obrigkeit den „Genuss“ von Alk verboten hatte. Bekanntestes Beispiel: Die Prohibition in den Vereinigten Staaten. Die verhinderte allerdings den Konsum nur mit mäßigem Erfolg, da die Schwarzbrennereien und die Mafia so ihre Höhepunkte fanden. So kam es dazu, dass schwarzgebrannte Spirituosen als „Moonshine“ bezeichnet wurden. Heute noch dürfen keine Spirituosenflaschen in der Öffentlichkeit gezeigt werden, deshalb versieht man sie in den USA mit einem, meist braunem, Packpapier.
Sekt, Wein, Bier, Schaumwein, Mixdrinks, Champagner und sämtlich Spritsorten, die es sonst noch gibt, in allen Farben und Geschmäckern, haben ein einziges Ziel. Sie sollen ihre berauschende Wirkung entfalten oder „den Appetit anregen“ oder den Magen zum „verdauen“ anregen. Oder „von innen desinfizieren“. Es gilt hier vielleicht auch darum alte Volkglauben-und Weisheiten mal näher zu betrachten und sie gegebenenfalls zu hinterfragen.

FAKT: In Russland war Bier bis 2013 kein alkoholisches Getränk

Niemand weiß warum. Vielleicht weil es zu viel Wasser enthält oder der Alkoholanteil im Vergleich zum Nationalgetränk Vodka einfach lächerlich gering ist. Aber Fakt ist, dass Bier tatsächlich bis zum 01.01.2013 nicht als alkoholisches Getränk eingestuft wurde. Quelle: https://barkeeper-dinge.de

Fakt ist aber auch, dass Alk zwar ein Genussmittel ist, es aber Leute gibt, die von diesem Genuss in die Sucht kamen und für viele den sicheren Tod bedeutet haben und bedeuten wird. Das Thema „Sucht“ wäre mein nächster Blogeintrag zu dieser Reihe.
Hat es Euch gefallen? Lasst doch einen Kommentar da. Hat es Euch sehr gefallen? Ich freue mich sehr über einen Tweet bei Twitter oder einen Eintrag bei Facebook.

Man liest sich.

@feetlove1973

Der Zollbeamte beugt sich herunter:“Alkohol, Zigaretten?“
Fahrer:“Nein danke, zwei Kaffee mit Milch und Zucker bitte!“


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